Also angefangen hat alles mit einem neuen Fernsehgerät.... Es wurde geliefert und beim ersten Mal anschalten sah ich einen netten Italiener, der ständig was in englisch quasselte. Ausserdem beschäftigte er sich mit Dingen, die ich auf den ersten Blick sofort erkannte und was mich magisch angezogen hat.
Bewaffnet mit einer riesen Spritztüte zauberte er ein schwarzes Spritzmuster auf eine schneeweisse Torte... wow... das will ich auch können, sieht ja extrem cool und supereinfach aus..
Tja, wie man sich manchmal irren kann
Achja, der nette Italiener mit der dicken Spritztüte auf dem Arm war Buddy Valastro, der Cake Boss, zu sehen im TV Sender TLC.
Nun hochgradig infiziert vom "ich will eine Fondant-Torte machen" Virus fing mein Hirn an zu rotieren.
Nix wie ran und Tante Google ausgequetscht.. Fragen wie : was ist eigentlich Fondant, woraus wird das gemacht, hält sich Fondant, was benötigt man, um Fondant herzustellen, wo kann man Fondant bestellen und und und....
Also nach vielen vielen Stunden des "Fondantinfotainment" von Tante Google hab ich mich für ein Rezept aus einem Blog einer Tortenkünstlerin herangewagt. Problematisch nur, wo bekommt man solche speziellen Zutaten wie Kukident extra Stark Haftpulver her, wenn man noch alle eigenen Zähne im Mund und Oma Gretel sowas nicht im Badezimmerschrank hat???
Zum Glück leben wir ja im 21. Jahrhundert mit schnellem weltweitem Internet und eine Bestellung über eine coole und sogar versandkostenfreie Internetapotheke war schnell erledigt. Gottseidank ging das per Internet, irgendwie hätte ich mich am Schalter in einer normalen Apotheke, mir gegenüber eine junge MTA, irgendwie eigenartig gefühlt.... Immer im Hinterkopf.... Prothesenkleber für eine Torte zu kaufen...
Nunja, weitere Zutaten waren schnell im unweit entfernten Supermarkt erhältlich und schnell besorgt bis auf Glycerin, das hatte ich noch übrig von einem Vanilleextraktexperiment welches übrigens super geklappt hatte.
Während der Wartezeit auf den Prothesenkleber habe ich mich noch intensiver im Internet über das Thema "Fondant Torten" informiert. Irgendwie schweife ich bei sowas immer ab... da sehe ich dann irgendwas Buntes oder Glitzerndes oder wie man eine Figur formt oder wie man Blüten an die Torte klebt und und und... also das Studium im Internet ist irgendwie mühselig... ich kann mich einfach nicht fokussieren. Da sagt man Information ist prima und gut... aber zuviel ist auch wieder nix.
Ich habe mich dann auf den Frauensender TLC geflüchtet und mir alle Folgen von Cake Boss reingezogen... Ach der Typ ist doch göttlich und seine Kreationen umwerfend und sooo einfach
Nundenn der Postbote kam 3 Tage nach meiner Bestellung und brachte das heissersehnte Klebzeugs. Ohne Mentholgeruch, also richtiges Zeugs.
Ab in die Küche und drüber nachgedacht, welche Küchenmaschine ich nun für mein Experiment opfern würde... Da ich meinen Thermomix liebe, ja wirklich liebe, hab ich mich für die schnöde Andere entschieden.. Letztendlich auch die richtige Entscheidung.
Alles gut vorbereitet, abgewogen, durchgesiebt, abgekocht und abgemessen gings los.
Der Riesenberg Puderzucker wandelte sich tatsächlich in eine weisse, knetähnliche flexible Masse, die auch dank des Kokosfetts nicht an den Händen oder der Küchenanrichte festgeklebt hat. Gut verpackt in Gefriertüten und einer Quadrobox von Wuppertare kam die Masse für 24 Stunden in den Kühlschrank, fast wie beim Tapetenkleistern, zum Abbinden .. oder so.
Bei meinem Studium auf diversen Blogs, Youtube Videos und Cake Boss Valastro sah ich immer, dass die Torten auf so einer Art Drehteller saßen und so einfach verziert werden konnten, ohne dass man sich wie ein Korkenzieher verdrehen muss. Ein extrem vereinfachendes Utensil, was ich natürich nicht zur Hand hatte... aber halt... Dachboden, Kiste mit der Aufschrift "Senfeier, Partyigel, Käserondell und Sonstiges" suchen... und gefunden. Genial, ich hatte mein Drehrondell, was früher mal eine drehbare Käseplatte war.
Jetzt gings drum, was für eine Torte ich eigentlich backen und womit füllen wollte.. Also wieder ab zu der Tortenkünstlerin und da rumgesurft. Wie immer von Steinchen übers Stöckchen unfokussiert herum "recherschieren"... 4 Stunden für ein schnödes Rührkuchenrezept... alle Achtung, ging ja schnell...
Die Füllung war einfacher, da ich zur Zeit extrem auf die Italienische Buttercreme stehe... aber nur weisse Buttercreme fand ich öde... beim Rühren der Creme stand ich so da und mein Blick schweifte einfach nur so herum und blieb auf einem extra grossen Glas Nussnougatcreme kleben.. haaaaaa genau, 2 oder 3 oder noch ein bisschen mehr Löffelchen rein in die Buttercreme und voila, die leckere Nussnougat Buttercreme war perfekt.
Die Zeit der "Vereinigung" kam immer näher... der Kuchen gebacken, der es diesesmal auch wirklich geschafft hatte anständig aufzugehen, lag wahrscheinlich auch daran, dass ich eine 22er anstatt 26er Form genommen hatte. Er liess sich prima in 3 mehr oder weniger grade und gleichdicke Scheiben schneiden, hüstel... mehr oder weniger
Ich hätte die Creme ja wirklich gerne mit so einer riesigen Spritztüte wie Buddy sie hat, aufgespritzt, aber leider hatte ich nur einen ganz normalen Spritzbeutel zur Verfügung, dennoch klappte es wunderbar. Allerdings hätte man mir vorher sagen sollen, dass man Unmengen an Creme benötigt, wenn man Füllen als auch aussenrum Einstreichen will, was ja unabdingbar ist, wenn man diese blütenweisse samtige Fondantschicht um die Torte schmiegen will. Fürs nächste Mal, doppelte Menge an Buttercreme herstellen Aus Mangel an Creme wurden die Cremeschichten recht dünn und das Einstreichen eine Kunst aber ich habe alles eingepackt.... nirgends war das leckere Braun des Kuchen durchzusehen.. Hach erster Erfolg.
Das Glattstreichen hat auf dem Käserondell extrem gut geklappt, bis auf die Oberseite, da muss ich noch üben Aber egal, ist ja meine erste Torte, da lernt man ja noch.
Die eingestrichene Torte musste nun ab in den Kühlschrank. Fürs nächste Mal notieren, entweder einen extra Kühlschrank kaufen oder vorher den vorhandenen Kühlschrank halb leer essen.... Tortenmachen braucht Platz.
Soooo, nun gings los.. der gekühlte Fondant aus dem Kühlschrank war knochenhart... jesses... wie bekomm ich den weich ohne einen Schwarzenegger zum Kneten zu haben..... püh... die Spülmachine lief und die Wärme vollbrachte wahre Wunder. Den Fondant obendrauf gelegt und nach einiger Zeit war das Zeug schön elastisch... nach ordentlichem Kneten hatte ich einen wunderschönen schneeweissen Fondant bereit zum Ausrollen. Auweija, ,womit rolle ich etwas aus, was einen Durchmesser von mindestens 45 cm haben soll??? Ein Nudelholz soll man ja nicht nehmen, da man angeblich die Holzmaserung auf dem Fondant sehen kann, was ich jetzt auch bestätigen kann
Aus Mangel an einem geeigneten Rollteil habe ich einen dünnes Nudelrollholz mit 50 cm Breite genommen. Die Holzmaserung war gewollt *hehe*. An dieser Stelle sei gesagt, dass man die Mohnkrümel von den morgendlichen Mohnbrötchen sehr ordentlich entfernen sollte, ein nur mal mit der Hand rüberfahren, langt nicht, denn mein Fondant sah aus, als ob er Mitesser hätte... dank der Mohnkörnchen, die ich ja eigentlich entfernt hatte *lach* Merke... alles richtig saubermachen bevor man anfängt
Nundenn, die Fondantplatte wurde immer grösser und da passierts.... ich wollte die Teigplatte ein bisschen zurechtrücken, so wie mans mit Hefeteigfladen für Pizza macht.... DAS funktioniert mit Fondant nicht... ein wunderschönes ausgefranstes Loch guggt mich an... Wahhhhhh gahaaaanz ruhig... ich nehm einfach ein Stückchen vom Rand und flicke damit das Loch.... Merke,,, das funktioniert bedingt.. das Loch ist zu aber man sieht die Ränder vom Flicken
Naja, egal, bin ja noch Fondatlehrling...
Die Platte ist nun gross genug, aus meinem Studium vom Cake Boss weiss ich, wie ich diese Riesenplatte ohne Mühe auf meinen Kuchen draufbekomme... Fondantplatte auf die Holzstange aufrollen und auf dem Kuchen wieder abrollen... juhuuuuuuu hat geklappt, nächste Etappe, ich bin happy...
Nun hängt der Fondant wie ein alter Schlapphut um meinen Kuchen... naja, wenn man einen 70er Jahre Hippiekuchen hätte haben wollen, wäre das der perfekte Kuchen... obenrum liegts schön grade auf, bis auf den kleinen Krater, für den meine Buttercreme nicht mehr gelangt hatte, nun gings um die Seiten... vorsichtig ziehen und mit den Händen wieder ankleben.. schööön vorsichtig.... pühhhh knifflig, sehr knifflig.. aber mit Geduld klappts.. ich brauche dringend so ein Plastikdingens zum Glattstreichen. Aber fürs erste Mal nicht schlecht.
Abgesehen von den unsauber gearbeiteten Rändern, dem Krater in der Mitte der Oberseite und einigen nicht entfernten Krümeln sitzt der Anzug für die Torte bestens. Der überstehende Rand wird mit dem Pizzaschneider weggerädelt was mir die nächste Lehrstunde beschert. Wenn man das nicht ordentlich macht, kleben Creme oder Krümel vom Kuchen dran, und er überschüssige Fondant ist so nicht mehr zu gebrauchen... wie die Mohnkrümel halt... Merke... Den Rand lieber etwas grosszügiger liegen lassen, den guten Fondant wieder wegpacken und dann richtig abschneiden.
Geschafft... die Torte steht vor mir, schneeweiss, falten- und Blasenfrei, wunderschön anzusehen. Ich bin stolz wie Oskar. Jetzt kommt sie in den Kühlschrank, die letzte Verzierung kommt morgen dran.
Abends am gleichen Tag bin ich wieder am recherschieren bezüglich der Verzierung... na mal schauen, was ich da so zuwege bringe Eigentlich bin ich eher so der 12erTufftyp... ohne Schnickschnack... ihr versteht was ich meine , An Blüten traue ich mich noch nicht, Creme hab ich keine mehr und Royal Icing ist was, was mir nun überhaupt nix sagt... Mit tausend Fragezeichen geh ich ins Bett....
Am nächsten Tag weckt mich mein Mann früh morgens um sich zu verabschieden und wünscht mir noch viel Glück für mein Tortenexperiment.... was er damit genau meint, seh ich erst später....
Noch ne Stunde schlafen, dann fängt der Tag auch für mich an. Ich beginne den Tag mit dem Üblichen, was halt jeder so morgens tut.. Zähneputzen, kurz waschen, WC, anziehen.... so geht noch ne Stunde ins Land. Frohgelaunt geh ich runter und statte meiner Küche einen Besuch ab. Eigentlich wollte ich meiner Torte im Kühlschrank einen guten Morgen wünschen... doch soweit komme ich garnicht... Mich trifft der Schlag..
Mein blütenweisses Meisterstück steht auf der Spüle und hat die Hosen runtergelassen... Im wahrsten Sinne des Wortes. Der Fondant liegt oben noch auf aber an den Seiten, genau am Rand wo es runtergeht, hat sich der Fondant anscheinend aufgelöst und ist wie eine alte Jeanshose runtergerutscht. Ihr wisst schon, genauso wenn man spätabends nach Hause kommt, hoch ins Bad rennt, Katzenwäsche, ab ins Schlafzimmer vors Bett stellen mit dem Hintern Richtung Bett und die Hosen einfach runtergleiten lassen. Genauso faltig lag der Fondant unten auf der Kuchenplatte. Die Risse sehen aus, wie meine Schwangerschaftsstreifen auf meinem Bauch... grummel, das gibt Krieg.
Warum steht die Torte nicht im Kühlschrank und warum hat sie die Hosen runtergelassen???
Also ersteres war die heroische Tat meines über alles geliebten Göttergatten, der sich seine Brotdose aus dem Kühlschrank herausgefischt und im Anschluss vergessen hatte, die Torte wieder in den Kühlschrank zurückzustellen. Und zu guter Letzt mir nochwas Gutes tun wolle, und die Spülmaschine angestellt hat. Sonst tut der das nie... aber heute tut ers.... ich bin am verzweifeln....
Das führt mich zu der Erkenntnis, dass sich Buttercreme und Wärme nicht so ganz miteinander vertragen... deshalb denke ich mal, dass der Fondant einfach runtergerutscht ist. Wenns ja nicht so traurig wäre, könnt man lachen.... Schlapphutkuchen im Schrumpeljeans Design... haha, na da sagt mal einer ich hätte keine Kreativität...
Wir haben dann den Kuchen (in Frieden) so gefuttert wie er war... geschmacklich super, Aussehen ausbaufähig. Aber mit jeder Menge Erfahrungspunkten, die ich fürs nächste Mal supergut gebrauchen kann....
Nichtsdestotrotz für alle Anfänger, besorgt euch vorher alle Utensilien die man braucht, haltet eueren Arbeitsplatz sauber, futtert den Kühlschrank zur Hälfte leer und entbindet euere Familienangehörigen für die Zeit des Fondanttortemachens von jeglichen Küchenarbeiten, dann sollte es wunderbar klappen.
Ich hoffe, ihr hattet ein bisschen Spass beim Lesen und ich werde wieder eine Fondant Torte machen... irgendwann mal. *lach*
Liebe Grüsse Bettina