Guten Morgen zusammen,
Welches Türlein ist heut dran?
Ach die Dreizehn...dann mal ran!
Den Sternenhimmel zum Beispiel, sowie du ihn wahrzunehmen scheinst,
mit diesem großen Staunen, sehe ich erst seit wenigen Jahren.
Mein Wesen hat sich so von allem Leben zurückgezogen, zwar immer hoffend und wartend, dass etwas geschieht, das mich aus dieser Trägheit meinerseits herausholt.
Ich wartete und wartete und erkannte nicht, dass ich es war, die das Leben nicht mehr einließ. Als mir dies bewusst wurde, war es zu spät für einen Neubeginn".
Tränen liefen ihr über die Wangen und das Mädchen nahm liebevoll ihr Gesicht in die Hände und sagte:
"Jetzt ist es vorbei. Wenn du das möchtest, komme ich dich gerne besuchen und bringe all die Bücher mit, aus denen ich dir dann vorlese, wenn du magst.
Da gibt es so viel, dass ich entdecken möchte und ich bin sicher, dass du mir dabei helfen kannst. Würdest du das tun für mich?"
Wieder der staunende Blick der alten Frau. Was musste dieses Kind schon erlebt haben, um ein Menschenherz so zu berühren?
Es wirkte echt und ernsthaft in seiner Aussage, strahlte ein Verstehen aus, eine Herzlichkeit, die ihr spontan das "Ja, sehr gerne" entlockte.
Das Mädchen sprang von der Ofenbank auf, umarmte sie und sagte:
"Weißt du, ich habe als Kleinkind meinen Vater verloren und meine Mutter
ist oftmals so unglaublich traurig und betrübt, dass ich sie lasse.
Sie bemerkt mich nicht einmal.
Oftmals habe ich das Gefühl, das ich die Grosse bin und sie die Kleine ist und dafür schäme ich mich sehr. Denn sie ist und bleibt meine Mutter und ich möchte so sehr verstehen, warum sie nicht anders kann.
Durch dich beginne ich zu erahnen, dass auch in ihrem Leben sehr Schmerzliches geschehen sein muss, so dass sie nicht anders kann".
Traurig sahen sie die Augen des Kindes an. Jetzt begann die alte Frau zu verstehen, welches Geschenk ihr an diesem Abend erneut gereicht wurde. Diesmal nahm sie es voll und ganz und umarmte zart dieses Mädchen namens Claudine.
Sie sagte:
"Ich heiße Esther und du bist immer bei mir willkommen. Deine Mutter ebenso, wenn sie das möchte".
Die Augen des heranwachsenden Kindes strahlten und es sagte nur das Eine:
"Danke".