8. Dezember 2024
Weihnachtsgeschichte: Der doppelte Weihnachtsmann
Ich muss ungefähr sechs Jahre alt gewesen sein, als ich anfing, nicht mehr so recht an den Weihnachtsmann zu glauben. "Gibt es den Weihnachtsmann eigentlich wirklich?", fragte ich Mama, als wir am Nachmittag gemütlich zusammensaßen und Weihnachtsschmuck bastelten. "Du hast ihn doch oft gesehen", sagte Mama. "Erinnerst du dich nicht an letztes Weihnachten, wie er hereinkam hier ins Zimmer, mit seinem langen Mantel und seinem weißen Bart? Wir haben doch zusammen Weihnachtslieder gesungen." "Jaja", sagte ich. "Aber wieviel Weihnachtsmänner gibt es eigentlich?" "Wie viele? Natürlich nur einen. Den Weihnachtsmann!", sagte sie.
"Und der kommt auch zum Klaus?", fragte ich weiter. Klaus war mein Freund. Er wohnte ein paar Häuser weiter. "Ja, natürlich", sagte Mama. "Und zur Elke nach Paderborn auch?", Elke war vor zwei Monaten mit ihren Eltern nach Paderborn gezogen. "Ja, zu Elke auch", sagte Mama. "Und zu den Kindern in München und in Hamburg?", fragte ich. "Zu denen kommt er auch!" "Wie kann er denn am gleichen Abend in München und in Hamburg und in Paderborn sein?", fragte ich. "Wie er das kann, weiß ich auch nicht", sagte Mama. "Er kann es halt. Dafür ist er eben der Weihnachtsmann. Als Weihnachtsmann kann er vielleicht an zwei Orten gleichzeitig sein."
Damit waren meine Zweifel aber noch lange nicht verschwunden. Ich hatte sogar einen bestimmten Verdacht. "Wieso ist Papa eigentlich nie dabei, wenn der Weihnachtsmann kommt?", fragte ich. Mama tat erstaunt. "Ist er denn nie dabei?", fragte sie. "Nein", antwortete ich. "Jedes Mal sagt er am Weihnachtsabend, er müsse noch was erledigen, und dann geht er weg. Und gleich darauf kommt dann der Weihnachtsmann. Und wenn der Weihnachtsmann mit dir und mir Lieder gesungen hat und wieder weggegangen ist, dann kommt Papa zurück und fragt uns, wie es denn gewesen sei mit dem Weihnachtsmann!" "So ein Zufall!" sagte Mama. "Ich werde Papa sagen, dass er diesmal dableiben soll, wenn der Weihnachtsmann kommt."
Als Papa am Abend nach Hause gekommen war, hörte ich die beiden in der Küche halblaut miteinander reden. Ich ging leise zur offenen Küchentür, um zuzuhören. "Du kannst es jedenfalls nicht mehr machen«, sagte Mama gerade zu Papa. "Er hat etwas gemerkt.« "Aber wer denn dann?", fragte Papa. "Vielleicht Robert?", sagte Mama. "Wir haben Robert doch sowieso zu Weihnachten eingeladen. Da kann er ja ... " In diesem Augenblick sah sie mich in der Tür stehen, brach mitten im Satz ab und sagte zu mir: "Du musst jetzt mal in dein Zimmer gehen. Wir wollen gerade etwas Wichtiges besprechen. Etwas, das nur die Erwachsenen angeht." Damit schob sie mich in mein Zimmer, und ich konnte nicht erfahren, was die beiden wohl besprechen wollten.
.... Fortsetzung folgt ....



